Dienstag, 22. Juli 2014

Ein neues Trikot oder: Was man alles mit 74,95 Euro machen kann

Zum Start der Saison 2014/15 haben die Vereine ihre neuen Trikots im Angebot. Als treuer Fan denkt man über einen Kauf nach, doch der Preis macht die Entscheidung jedes Jahr schwieriger. Sollte man also das Geld in das Jersey stecken? Eine kleine Einordnung des Preises sollte dabei helfen.

Ich habe es noch gut getroffen. Meine Borussia aus Mönchengladbach spielt inzwischen wieder sehr erfolgreichen, attraktiven Fußball, so dass man nächste Saison auch wieder international seine Farben zeigen kann. Die Preise für Fanartikel liegen auch nach dem Aufschwung der letzten Jahre noch hinter anderen Vereinen wie Bayern München zurück. Trotzdem müsste ich 74,95 Euro investieren, um ein neues Trikot in Händen halten zu können. Mit Spielerflock landet man schon bei 87,94 Euro, aber darauf kann man sicherlich verzichten. Einige Fans sind fest entschlossen, sowieso kein Trikot zu kaufen, so lange der Postbank-Schriftzug die Brust der Fohlenelf ziert. Aber sind fast 75 Euro eine Summe, die der Rest der Fans bereitwillig ausgeben sollte?

Quelle: http://www.borussia-eshop.de/


Dazu zuerst ein ziemlich offensichtlicher Vergleich: Für die gleiche Summe kann ich fünf Heimspiele besuchen; zwei Spiele samt Getränk und Stadionwurst, wenn ich lieber sitzen statt stehen möchte. Das ist für sich genommen schon ein schlagkräftiges Argument mein Geld nicht in Stoff zu investieren. Hier aber noch ein paar andere Ideen, wofür diese Summe sonst noch eingesetzt werden könnte:

- Statt eine neue Saison könnte man mit einem Paar Verlobungsringen einen neuen Lebensabschnitt auf den Weg bringen

- Jedes Spiel der ersten und zweiten Bundesliga sechs Monate live verfolgen? Kein Problem! Auch die ersten sechs Monate des Sky-Abos sind locker bezahlt, wenn man auf das Jersey verzichtet

- Damit man bei der Auswärtsfahrt auch im Ausland jedes Stadion findet, ist der Kauf eines Navigationssystems für manchen sicher eine Überlegung wert

- Um nach den Spielen wieder zur Ruhe zu kommen könnte man auch beruhigt in diesen Schaukelstuhl investieren

- Falls man das Gegentor in der Nachspielzeit noch im Nacken spürt, lässt sich dies sicher mit einer einstündigen Massage wieder beheben

Wie man sieht, gibt es einige Alternativen, für die man das Geld ebenfalls ausgeben könnte. Einige davon sind mit Sicherheit sinnvoller als Andere, und dies soll auch nur ein kleiner Ausschnitt der Möglichkeiten sein.
Wenn man ehrlich ist, kann man die Entscheidung für den Kauf oft nicht rational begründen. Die Liebe zum Verein lässt sich nicht in Geld aufwiegen, und sie stolz zeigen zu können, lässt das Loch in der Geldbörse gleich etwas kleiner erscheinen. Deshalb wird wohl auch bei mir in den kommenden Monaten wieder die Geldbörse geöffnet und das neue Trikot übergestreift. Football, bloody hell!

Dienstag, 1. Juli 2014

15 Freunde sollen ausreichen!

Von Seppo

Es war eher eine Randbemerkung von Bundestrainer Jogi Löw im Interview mit Katrin Müller-Hohenstein nach dem gestrigen Spiel gegen Algerien: „Wir haben immer gesagt, gewisse taktische Flexibilität ist unsere Stärke auch. Wir haben 14, 15 Leute, die wir bringen können, und wir brauchen diese auch. Das hat man heute auch gesehen […].“ Nun ist es nicht so, als ginge von den beiden genannten Zahlen laut Wikipedia ein besonderer mathematischer Reiz aus, der alltägliche Relevanz hätte. Auch hielt bereits Sepp Herberger fest, dass man 11 Freunde sein müsse – und eben nicht 14 oder gar 15. Falls nicht ausreichend, greift zu guter Letzt das Argument, dass ohnehin nicht mehr als 3 Männer eingewechselt werden könnten. Insofern also Glückwunsch, Jogi, dass du „14, 15 Leute“ hast!

Trotz der bekannten Ausfälle und vorangegangener Verletzungen gilt der Kader der deutschen Fußball-Nationalmannschaft so konkurrenzfähig wie selten zuvor. Mit ganz wenigen Ausnahmen verfügen alle Teammitglieder über internationale Erfahrung in Champions-League und/oder WM bzw. EM, die überdies oftmals bereits von Erfolg gekrönt war. Sie wissen also, wie siegen geht auf höggschtem Niveau. Das klingt ob der suggerierten Qualität und Ausgeglichenheit des Kaders für diese WM sehr erfolgversprechend, zumal die bewährten Angstgegner aus Spanien oder Italien bereits freiwillig ihre Ambitionen abtraten. Dabei ist es freilich von Vorteil, den bewährten „14, 15 Leuten“ das Vertrauen zu schenken. Denn die kennen sich ja schon und wissen im Zweifel, wie der Mitspieler ein Tor zu bejubeln pflegt. Auch dafür Glückwunsch, Jogi! Doch was, wenn der Jubel wie gegen Algerien so lange auf sich warten lässt?

Zweifellos wurden bisher 16 der 20 nominierten Feldspieler eingesetzt. Das spricht durchaus dafür, dass Löw diejenigen, die berufen wurden, nicht nur mit Bedacht ausgewählt hat, sondern auch tatsächlich braucht. Allerdings heißt es gemäß seiner Aussage auch, dass Ginter, Großkreutz, Durm, Draxler und im Grunde auch Kramer (für Mustafi ist das Turnier nun ohnehin beendet) – da sie bisher nicht zum Zuge kamen und somit nicht zu den „14,15“ zählen – auch weiterhin keine Berücksichtigung finden werden. An Taktik und Personal wird jedenfalls nicht gerüttelt. Das mag ob der Trainingsleistung, des taktischen Verhaltens oder technischen Vermögens aus der Vorstellung der verantwortlichen Trainerschaft begründet sein. Doch damit zementiert er nicht nur seinen Starrsinn, sondern sendet zudem ein gänzlich falsches Signal, indem er sich und seinem Team auf diese Weise das designierte 5. Rad ganz offensichtlich selber anbringt. Dem Teamgeist ist es wenig dienlich, da er allen bisher Nicht-eingesetzten vor den Kopf stößt und zeugt auch sonst alles andere als von Feingefühl und Cleverness. Denn eine Motivation stellt das für Erik Durm, einen der wenigen (an-)gelernten Außenverteidiger, sicherlich nicht dar. Auch Kevin Großkreutz wird sich spätestens seit dem Interview Gedanken über seine Stellung machen, ohne darüber bei einem Döner sinnieren zu können.

Das Postulat „Jeder ist wichtig“ hat der Trainer somit jedenfalls selbst und in aller Öffentlichkeit ad absurdum geführt. Mit dieser Aussage hat er– wer immer sich noch zugehörig fühlt – nur eines erzielt: ein kapitales Eigentor für die Mannschaft, der er sich hat zusammenstellen dürfen und zu verantworten hat. Sicher hätte das Potpourri ohne die verletzten Spieler qualitativ noch etwas stärker sein können. Es rechtfertigt jedoch nicht, beim Kader 5 Spieler unter den Tisch fallen zu lassen. Diese Mannschaft besteht aus mehr als „14, 15 Leuten“ und besitzt ausgerechnet in Kevin Großkreutz einen Typ, der sich zweifelsohne von allen anderen fußballerisch wie menschlich unterscheidet. Nicht zuletzt genau jene Attribute könnten der Mannschaft einmal den entscheidenden Kick geben, wenn sie in Schönheit oder Lethargie zu ertrinken droht.

Auf diese Weise aber hat Löw unmissverständlich bekundet, dass das Vertrauen in das Leistungsvermögen einzelner nicht gegeben ist. Positiv formuliert wissen nun „14, 15 Leute“, dass sie dank der Unzugänglichkeit des Trainers ihre Spielanteile sicher haben. Hoffentlich noch für 3 Spiele… In diesem Sinne aber viel Spaß im Urlaub den genannten und sprichwörtlichen Ergänzungsspielern! Denn zu nichts anderem als denen sind sie (spätestens) gestern Abend degradiert worden.