Dienstag, 15. Mai 2012

Pfeifende Pfeifen und randalierende Rüpel

Der Fußball entlockt dem Fan die verschiedensten Emotionen: Eine Meisterschaft kann ein persönliches Jahr voller Verluste und Niederlagen vergessen machen, ein Abstieg alles Positive auf der Welt überschatten. Daher ist es normal und auch gewollt, dass im Stadion die ganze Bandbreite der Emotionen durch das Rund schwappen kann. Aber auffällig ist hier in letzter Zeit auch wie dabei anscheinend immer öfter der Sinn für angemessenes Verhalten vor dem Stadion an der Eingangskontrolle abgelegt wird.

Nicht ganz neu ist, dass schlechte Leistungen der Männer auf dem Feld mit Pfiffen bedacht werden. Je nach Verein schwankt die Bereitschaft zu pfeifen und auch die Intensität der Pfiffe. Jedoch hat sich in den letzten Jahren besonders das Pfeifen gegen ehemalige Spieler des eigenen Vereins enorm gesteigert.
In manchen Fällen kann man den Fan verstehen. Sein Lieblingsspieler hat nach wochenlangen Liebesbekundungen an seinen Verein doch den Wechsel zum Erzrivalen bekannt gegeben. Oder der Spieler, der jahrelang von den Kollegen mehr schlecht als recht mitgezogen wurde wechselt nach einer guten Saison zu einem anderen Verein. Hier ist ein gewisser Unmut verständlich und man kann dem Fan kaum verübeln, dass er beim nächsten Wiedersehen etwas Nachtragend ist.

Anders liegt der Fall für mich jedoch bei normalen Vereinswechseln. Besonders missfallen haben mir hier zwei Situationen am 28. Spieltag. Beim Spiel von Mönchengladbach in Hannover wurde Mike Hanke mit Pfiffen bedacht, zur gleichen Zeit geschah dies auch mit Chinedu Obasi beim Spiel von Schalke in Hoffenheim.
Bei Mike Hanke war diese Reaktion der Fans besonders verwunderlich, da er in Hannover weggeschickt wurde und damals zu einem fast sicheren Absteiger wechselte. Woher hier also ein Groll gegen den Spieler stammen sollte ist nur schwer zu begreifen.
Aber die Gladbacher kann ich hier auch nicht unerwähnt lassen, die seit seinem Wechsel an die Weser jedes Jahr auf ein neues mit lautstarkem Pfeifen auf jeden Ballkontakt von Marko Marin reagieren. Dabei sollte man ihm dankbar sein, dass man dank seines Transfererlöses Geld in einen Marco Reus investieren konnte. Und auch im Fußball sollte es möglich sein einen etwas unsauber geführten Transfer irgendwann ruhen zu lassen.

Bei einer anderen Erscheinung sind Fans aus Berlin und Frankfurt die Vorreiter. Anstatt den Platz zu stürmen um mit ihren Fans eine erfolgreiche Saison zu feiern suchten sie den Weg auf den Platz um ihre Mannschaft über das Feld zu jagen. Solche Szenen wurden danach scharf verurteilt und sollten in dieser Form eigentlich nie wieder auftauchen. Jedoch ist es nur der schnellen Reaktion des Ordnungsdienstes und der Polizei zu verdanken, dass genau dies nicht in in Karlsruhe nach dem Abstieg des KSC in die dritte Liga erneut geschehen ist. Die aus dem Fanblock stürmenden Fans wurden sofort von ebenfalls heranstürmender Polizei zurückgedrängt. Damit blieben dem Publikum die schon bekannten Jagdszenen erspart. 
Nun bleibt abzuwarten welche Reaktionen die Fans von Hertha BSC zeigen werden falls das Abstiegsgespenst sich im Rückspiel der Relegation Morgen nicht vertreiben lässt. Rauchbomben wie im Fall Köln wären wohl noch eine der harmloseren Möglichkeiten.

Die Kölner haben aber dafür in dieser Saison dem Verhalten ausserhalb des Stadions die Krone aufgesetzt. Die Mannschaft wurde nach Niederlagen verfolgt oder am nächsten Tag am Trainingsplatz zur Rede gestellt. Begleitende Polizeikräfte wurden zur Regel statt zur Ausnahme, ein Spaziergang der Mannschaft im Park mit einem Polizeiwagen im Schlepptau löste irgendwann nur noch ein Kopfschüteln aus. Aber am Ende der Saison sogar die Spieler nachts in ihrem zu Hause aufsuchen zu wollen um sie zur Rede zu stellen geht eindeutig zu weit, die Familien der Spieler auf diese Weise zu verstören ist unverantwortlich.
Der Vorstand beim 1. FC Köln ist inzwischen wieder besetzt und kann den sportlichen Abstieg nutzen um sich neu aufzustellen. Vielleicht sollte die Fanszene in Köln nach dem Ausschluss der Wilden Horde über Ähnliches nachdenken.

Der Fußball hat über die Jahre einige Entwicklungen zum Negativen erleben müssen, aber immer wieder die Kurve bekommen. Man kann also wohl darauf hoffen, dass die Fanszene genug Kraft hat um solche Auswüchse mit der Zeit wieder aus den Stadien verschwinden zu lassen.

Montag, 7. Mai 2012

Montagskolumne: Antrag auf Gerechtigkeit


Die 48. Fußballbundesliga-Saison ist Geschichte – und doch noch immer nicht ganz vorbei. Vor dem letzten Spieltag waren die ersten vier Plätze vergeben. Ebenso stand fest, dass Kaiserslautern die rote Laterne bis zum Ende würde tragen müssen. Und das gelang ihnen auch in Hannover wieder eindrucksvoll… Aber wenn uns die Pfälzer schon das Licht spenden, werfen wir noch einmal einen Blick in den Keller.
Mit der Renaissance der Relegation vor 4 Jahren gibt es auch nach Ende der regulären Saison noch einmal Grund für Spannung. Wie dicht Freud und Leid beieinander liegen können, hat Gladbach letzte bzw. diese Saison gezeigt. Nun gibt’s Europapokal statt dem Erzgebirgsstadion in Aue. So schnell kann es gehen. „Siehst Du Hertha, so wird es gemacht!“ . Damit nun zum Tagesgeschäft. Ab Donnerstag müsses sich jedenfalls die Berliner erst einmal beweisen um dem Abstieg auch wirklich zu entgehen.

Doch es stellt sich die Frage, mit welcher Berechtigung sie dies überhaupt tun dürfen. Etwa weil Michael Preetz seinem Ex-Trainer Markus Babbel schon seit Wochen ganz ungeniert hinterher weint. Oder weil es Otto Rehhagel geschafft hat, das Team noch erfolgloser spielen zu lassen als sie es unter Michael Skibbe taten? Zweifellos verdient beides Anerkennung. Bemerkenswert, wie sie sich mit ihren eigenen (stumpfen) Waffen haben selbst schlagen können. Doch mache das mal einer den Kölnern klar. Solche Probleme kennen die gar nicht. Stattdessen bleiben sie sich stets treu und suchen den neuen Präsidenten gar dem Namen nach aus. Ein Spinner beim FC – der Name scheint Programm. Aber im Ernst: Nicht nur jener Unterhaltungswert, sondern auch die in der Saison gezeigten Leistungen waren für mich insgesamt ansprechender als die der Berliner – wenngleich der fest eingeplante Sieg gegen die Bayern am Wochenende sehr naiv war. Immerhin dokumentiert es mal wieder Spaßfaktor. Und noch ein Grund, mit dem Berlin seine Bundesligazugehörigkeit verwirkt hat: die Tatsache, dass das Olympiastadion bei einem solch wichtigen Spiel nicht ausverkauft war und die Stimmung laut Sky-Kommentator „mittelmäßig“ war. Nein, einen solchen Hauptstadtklub hat die Bundesliga nicht nötig.

Wie es in der Relegation auch ausgehen mag, bin ich diese Saison mit der Ab- und Aufsteigsregelung nicht glücklich. Die Ausstellung des Armutszeugnisses für den HSV, Köln, Hertha und Lautern wäre Papierverschwendung. Insofern sollte es für alle vier runtergehen. Kompliment dagegen an die Männer aus Augsburg und Freiburg, die sich ihren Verbleib wahrhaftig erarbeitet und verdient haben. Genauso wie Düsseldorf, St. Pauli und Paderborn (!!!), die ihrerseits für ein furioses Aufstiegsrennen in der 2. Liga auf ganz sympathische Weise sorgten und daher aufsteigen sollten. Mit Paderborn hätten wir immerhin wieder eine graue Maus in der ersten Liga. Schade nur, dass es bei dieser Forderung weder zu einem Elbe- noch zu einem Rheinderby in der ersten Liga kommen wird…

Dennoch mein Appell an Sie, Herr Niersbach: Fassen Sie sich ein Herz für die erste richtige Amtshandlung und lassen Sie 4 Absteiger sowie 4 Aufsteiger zu! Solche Arbeitsverweigerungen gehören jedenfalls auch bei sogenannten Traditionsmannschaften bestraft.

(SS)