Samstag, 3. Dezember 2011

Die Bundesliga-Konferenz: Fluch oder Segen?


Seit der Einführung von Premiere hat sich Fußball-Deutschland an eine Neuerung gewöhnt, die das Erlebnis Fußball für die Zuschauer tiefgreifend verändert hat: Die Bundesliga-Konferenz. War man früher noch froh wenn eine Partie nicht mit einem torlosen Unentschieden endete, so hat sich der Zuschauer von heute schon daran gewöhnt, dass nach ein paar torlosen Minuten einfach auf einen anderen Fußballplatz umgeschaltet wird. Da der Zuschauer von heute durch Kino und Fernsehen an ständige Action gewöhnt ist, will man ihm auf diese Art die Bundesliga actionreicher präsentieren. Doch ist das wirklich die Art von Übertragung die den Fans am meisten bietet?


Wer vor Premiere etwas von der Bundesliga sehen wollte hat, je nach Generation, auf ran oder die abendliche Sportschau gewartet. Dort wurden alle Partien kompakt präsentiert, so dass man einen Überblick über die Höhepunkte aller Begegnungen erhalten hat und am Montag mit den Kollegen oder auf dem Schulhof über die wichtigsten Geschehnisse und Schiedsrichterentscheidungen diskutieren konnte. Das war eine gute Lösung, schließlich konnte man nicht gleichzeitig in allen Stadien sein oder auf mehreren Fernsehern alle Spiele gleichzeitig schauen. Durch die Übertragung im Bezahlfernsehen war die zweite Möglichkeit sogar noch utopischer geworden.
Dann wurde die Bundesliga-Konferenz eingeführt. Der Zuschauer hatte das Gefühl ganz nah an allen Spielen dran zu sein und endlich nichts mehr zu verpassen. Schließlich konnte er ab jetzt ja alle Spiele „gleichzeitig“ verfolgen. Und durch Sportsbars und die langsam steigende Akzeptanz des Bezahlfernsehens gewöhnte sich der Zuschauer an diese Art der Übertragung. Doch hatte man dadurch nun etwas gewonnen oder verloren?

Für Sportschau und Konferenz investiert man ungefähr gleich viel Zeit, von der man am Wochenende nicht unbegrenzt viel zur Verfügung hat. Während die Sportschau allerdings für alle Spiele in etwa gleich viel Zeit aufwendet, bemerkt man in der Konferenz ein Ungleichgewicht in der Berichterstattung. Wenn man nicht gerade Fan von Bayern München ist muss man darauf hoffen, dass es beim Spiel der eigenen Mannschaft viele Tore oder Karten gibt. Ansonsten werden unspektakuläre Partien weitestgehend ignoriert. Wenn man außerdem nach der Konferenz noch die Sportschau sieht stellt man nicht selten fest, dass einem viele Ereignisse während der Konferenz entgangen sind. Denn in der Sportschau hat der Kommentator noch die Möglichkeit Dinge aufzuzeigen, die das Spiel stark beeinflusst haben, aber als sie passierten noch nicht als so wichtig erschienen.
Die kleinen Bausteine sind im Fußball sehr wichtig. Wenn man sieht wie oft nur ein Tor das Spiel entscheidet, erkennt man wie wichtig es ist, nicht nur das entscheidende Tor in der Konferenz gesehen zu haben, sondern auch von der gelben Karte des Innenverteidigers zu wissen, der deshalb den Stürmer vor dem Tor nur halbherzig attackierte. Oder den kämpferischen Einsatz eines Verteidigers der Gewinnermannschaft zwei Minuten vor dem Siegtor gesehen zu haben, der damit eine Ecke verhinderte und das Publikum dazu brachte die Mannschaft noch einmal mit voller Kraft anzufeuern.



Wann immer ich kann versuche ich die Spiele meiner Mannschaft komplett live zu sehen. Manchmal ärgere ich mich nach einem langweiligen 0:0 über die verschwendete Zeit. Aber meistens kann ich mich auf das Spiel einlassen und seine Aufs und Abs genießen. Ein einziger Zweikampf kann die Stimmung im Stadion kippen, ein gehaltener Elfmeter eine vorher lustlos umherschleichende Truppe wieder in Schwung bringen oder eine Auswechslung den Rhythmus der ganzen Mannschaft verändern. Und nach manchen Spielen erinnere ich mich eher an eine grandiose Ballstafette als an die Tore meines Teams.

Die Reihenfolge des besten Fußballerlebnisses ist für mich eindeutig: Der Besuch im Stadion ist natürlich das Optimum, danach folgt für mich die Liveübertragung. Nicht jeder kann am Nachmittag ein Spiel komplett schauen und dann am Abend noch die Sportschau gucken, doch wenn ich mich dann zwischen Sportschau und Konferenz entscheiden müsste, würde ich immer die Sportschau wählen.

Die Konferenz ist das Fastfood des Fußballs, gelegentlich ganz reizvoll, aber auf Dauer nicht gut für den Fußballfan.

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